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Die Tour war eigentlich eine
Woche früher geplant gewesen, die wechselhafte
Wetterprognose ließ jedoch eine Verschiebung
geraten erscheinen. So schlecht wäre das Wetter
am 2. September eh nicht gewesen (Igo nutzte den
Tag für eine Schneealpen-Überquerung), aber mit
dem herrlichen Spätsommerwetter des 9. September
konnte es nicht konkurrieren: Sonnenschein von
früh bis spät, kaum ein Wölkchen am Himmel,
klare Luft und angenehme Wandertemperaturen. Den
Anfang - um halbwegs chronologisch zu berichten -
machten Alfred und Martin,
die beschlossen hatten, die Tour zweitägig
anzulegen und am Schneeberg zu übernachten. Sie
gingen am Samstag den 8. September um 10:29 von
Losenheim (731m) weg und strebten dem
Novembergrat zu. Bei der Sitzstatt versäumten
sie aber die Abzweigung zum Novembergrat und
kamen über den Oberen Herminensteig zum
Berghotel, wo Alfred tags zuvor ein Zimmer
reserviert hatte, mit Dusche und eigener Loggia.
Am nächsten Morgen konnten sie dort den
Sonnenaufgang bewundern. Das Abendessen davor und
das Frühstückbuffet ließ sie glauben, die
Präsidentensuite gebucht zu haben. Der Preis war
dann aber auch sehr realistisch.
Ungefähr um die Zeit, als Alfred und Martin
den Sonnenaufgang von ihrer Loggia bewunderten,
saßen Alois, Christian, Frankie, Gerd,
Igo, Jochen, Markus und Oliver
im Zug zwischen Wien und Wiener Neustadt und
bewunderten den Sonnenaufgang aus dem Zugfenster.
Die Novembergrat-Hauptgruppe traf um 08:40 in
Losenheim ein. Der Weg auf den Berg hätte
einigen noch in Erinnerung sein sollen,
trotzdem endete der erste Ansatz beim Zugang zum
Sessellift. Mit dem wollte keiner fahren, also
auf der Straße rechts der Lifttrasse hoch, dann
nach links dem Wegweiser zum Nördlichen
Grafensteig folgend. Durch Schlägerungsarbeiten
und Planierraupen war der Weg im Mittelteil
ziemlich verunstaltet, führte aber trotzdem
relativ zweifelsfrei nach Süd und bergauf. Gerd
und Igo wurden durch eine Begegnung mit einer
Höllenotter im Aufstieg unterbrochen. Mit
Tierbeobachtung und Fotoshooting verging einige
Zeit. Die anderen zogen unterdessen über den
Nördlichen Grafensteig weiter, ohne das Fehlen
der zwei zu bemerken. Landschaftlich grandios
führt der Nördliche Grafensteig hier durch
Breite und Krumme Ries, von markant gezackten
Graten und Felswänden umrahmt. Igo und Gerd
holten bei der Bürklehütte Erkundigungen über
den weiteren Weg ein, die anderen bemerkten erst
bei einer Wartepause in der Krummen Ries, dass
die Gruppe nicht vollständig war. Zwei
Kundschafter begaben sich auf den Weg zurück,
brauchten aber nicht weit zu gehen, da kamen
ihnen die beiden Vermissten schon entgegen.
Eine Pause war nun fällig und das schöne und
aussichtsreiche Plätzchen der Sitzstatt (1376m)
war dafür perfekt geeignet. Die je nach Ankunft
unterschiedlich lange Rast dauerte bis 10:50.
Gerd hatte während der Suche nach dem Rest der
Gruppe mehrmals laut durch die Finger gepfiffen,
was zwar vielleicht wahrgenommen, aber von
niemandem auf sich bezogen worden war. Während
der Rast entspann sich eine Diskussion, warum nur
wenige Schwule durch die Finger pfeifen können,
über die Physik des Pfeifens generell, und ob
Tiere pfeifen und wenn ja welche. (Falls das
immer noch jemanden interessiert: Wikipedia gibt dazu ein paar
Auskünfte.)
Etwa um die Zeit, als die Novembergratgruppe
an der Sitzstatt das Pfeifen erörterte,
bestiegen Helmut mit Hundedame Emmi,
Thomas und Wolfgang
in Puchberg die Zahnradbahn mit Abfahrt 11 Uhr.
Bei dem schönen Wetter wollten sie auch auf den
Berg, aber ohne den beschwerlichen Aufstieg. Ein
Treffen mit den anderen war zu Mittag im
Damböckhaus anvisiert. Ohne rechtzeitige
Reservierung hätte es keine Chance auf einen
Platz gegeben, obwohl die Salamander-Züge mit
ein paar Minuten Abstand doppelt geführt wurden.
Thomas hatte Donnerstag früh gerade noch den
letzten Platz für die 11-Uhr-Fahrt ergattert.
So mühelos wie die Fahrt mit der Zahnradbahn
war der Aufstieg über den Novembergrat zwar nicht,
aber auf jeden Fall lohnend. Der Weg beginnt
gleich hinter der Sitzstatt in Richtung Berg und
führt zügig, an manchen Stellen etwas
ausgesetzt empor. Der weitere Gratverlauf sieht
im Vorhinein oft schwieriger aus als er beim
genaueren Hinsehen dann ist. Die optimale
Aufstiegsroute ist gut markiert, an vielen
Stellen wären Alternativen möglich, aus gutem
Grund vermeidet die markierte Route schotteriges
Gelände und führt großteils über festen Fels.
Der Aufstieg ist spannend, bietet prächtige
Aussichten und einigen tat es richtig leid, als
schon um 12 Uhr der Ausstieg auf die Hochfläche
erreicht war. Von hier ging man noch knapp 15
Minuten zum Damböckhaus (1810m). Oben pfiff ein
frischer Wind, der es nötig machte, eine
Bekleidungsschicht drüberzuziehen.
Am Schneebergplateau waren an diesem Sonntag
schätzungsweise 1000 Menschen unterwegs und
ließen den Gedanken aufkeimen, dass die
Schneebergbahn trotz des geschmalzenen Preises
immer noch zu billig ist. Praktisch durch das
ganze Damböckhaus zog sich eine Menschenschlange
vor der Essens- und Getränkeausgabe. Markus
verzichtete und zog einen Mittagsspaziergang vor,
der ihn zum Waxriegel und zum Elisabethkircherl
führte. Die anderen nahmen das Schlangestehen
auf sich. So um 12:30 bummelten dann die
Zahnradbahnfahrer von der Bergstation (1795m)
heran und mussten sich auch erst einmal
anstellen, was Wolfgang für die anderen
übernahm. Das Essen war gut, hervorzuheben sind
die bombastischen Schneebergkrapfen, die man am
besten zu zweit verzehrt, um die Kalorienbilanz
im grünen Bereich zu halten.
Die Zweitagesgruppe bestehend aus Alfred und
Martin saß unterdessen vor der Fischerhütte
(2049m) und blickten zum Damböckhaus hinunter,
ob die Hauptgruppe dort irgendwie zu erkennen
sei. (Die Schneebergkrapfen hätte man auf diese
Distanz vielleicht erkennen können, nicht aber
Gesichter.) Weil ihnen im Wind zu kalt wurde,
gingen sie zum Klosterwappen (2076m). Von dort um
ca.13:00 weiter Richtung Schöneben und
Südlichen Grafensteig. Auch am Weg dorthin
konnten sie die Hauptgruppe nicht finden.
Kein Wunder, denn diese brach erst gegen 13:30
vom Damböckhaus zum Klosterwappen auf. Rund um
die hässliche Sendeanlage war eine hässliche
Baustelle errichtet, abgesehen davon war der
Ausblick schön und die Fernsicht gut. Nach einem
Gruppenfoto vor dem Gipfelkreuz ging es an den
Abstieg ins Höllental. Thomas hatte vorher schon
angekündigt, mit der Novembergratgruppe
absteigen zu wollen, Helmut und Wolfgang
schlossen sich an, sodass die Hauptgruppe nun aus
11 Mann und einem Hund bestand. Das Gewimmel am
Klosterwappen wich schlagartig der
Bergeinsamkeit, denn außer den Männern auf
Touren war hier niemand unterwegs. Auf manchen
Karten sind die Wiesen des südlichen
Plateauausläufers zwischen Bockgrube und
Kolingraben als Schöneben bezeichnet, auf
anderen heißt die Gegend Stadelwandleiten und
der Kolingraben heißt Kaligraben. Geografisch
ist die Erfassung der Gegend also noch nicht ganz
ausgereift, zum Gehen ist sie jedenfalls sehr
schön und durch den weichen Boden auch bequem.
Die gegenüber liegende Rax bietet ein tolles
Gebirgspanorama und der tiefe Einschnitt des
Höllentals dazwischen erzeugt einen drastischen
Eindruck von Höhe. Nach einem kurzen
schotterigen Mittelstück führte der Weg durch
Latschen und später durch Wald auf teils
felsigem, teils erdigen Untergrund zur Kreuzung
mit dem Südlichen Grafensteig, die um 15:30
erreicht wurde. Von hier hinunter zur
Märchenwiese mit einem kurzen Abstecher zum
Gipfel der Stadelwand (1407m), der einen
prächtigen Aussichtspunkt bildet.
Alfred und Martin waren unterdessen am oberen
Ende des Stadelwandgrabens angelangt und fanden
nicht den Weg zum Hochgang und zum Brettschacher
Jagdsteig, der als Abstiegsvariante vorgeschlagen
war, dafür aber einen herrlichen Waldsteig zum
Stadelwandgraben und ersparten sich dadurch den
rutschigen Weg durchs Geröll. Unten warteten sie
vergeblich auf den Bus um 16:45, der nicht kam.
Alfred hielt dann ein Auto mit Wiener Nummer an,
deren Insaßen so liebenswürdig waren, sie bis
Wien mitzunehmen. (Erklärend sei angefügt, dass
der Bus um 16:45 ein Phantom war, das der
Terminverschiebung entstammte. Er fährt nämlich
nur am 2. September.)
Die Hauptgruppe wandelte mit einer Stunde
Abstand auf den Spuren von Alfred und Martin. So
wie diese fanden sie den Weg zum Hochgang nicht
bzw. suchten auch gar nicht danach, denn das
Gelände sah unübersichtlich aus und es war in
Hinblick auf den letzten Bus um 17:45 schon zu
spät für Experimente. Anders als die Vorgänger
bevorzugten die meisten aber die Schotterabfahrt
durch den oberen Stadelwandgraben, die
Erinnerungen ans Tiefschneefahren im Winter
weckte. Am Ende der Schotterpiste wurden die
Schuhe ausgeschüttelt und es gab eine letzte
längere Pause, um die Gruppe zu sammeln. Emmi
hatte Muskelzittern vor Erschöpfung und die
Wanderer wirkten auch nicht mehr alle taufrisch.
Die letzten zwei Kilometer zur Bundesstraße und
zur Bushaltestelle Weichtalhaus (542m) wurden in
Einzelkämpfermanier bzw. in Kleingruppen
zurückgelegt. Für die ersten ging sich noch ein
Getränk im Weichtalhaus aus, der letzte kam 5
Minuten vor Busabfahrt angeschnauft, was im Bus
und während der anschließenden Zugfahrt nach
Wien zu Diskussionen über Gruppensolidarität
und Gruppendisziplin führte.
Dass die Tour kein Spaziergang war, ergibt
sich aus den Höhendifferenzen. Für die
Novembergratgruppe 1345hm Aufstieg, 1535hm
Abstieg, Gehzeit ohne Mittagspause aber
einschließlich Zwischenstopps 7½h, Nettogehzeit
je nach Tempo 6-7h. Aufstieg der
Zahnradbahngruppe 280hm, 1535hm Abstieg, Gehzeit
einschließlich Zwischenstopps 4½h. Der Umstand,
dass die Teilnehmer ein unterschiedliches
Gehtempo an den Tag legen und die Unternehmungen
der Männer auf Touren weder als Guided Tour noch
als Bootcamp durchgeführt werden, wird wohl auch
in Zukunft zu Diskussionen über Disziplin und
Solidarität führen. Einerseits haben die
Teilnehmer Anspruch auf Rücksichtnahme durch die
Gruppe, andererseits hat die Gruppe auch Anspruch
darauf, dass die Teilnehmer vorher abwägen, ob
sie den Anforderungen einer Tour gewachsen sind.
Bei dieser Tour hat beides nicht ganz geklappt.
Abgesehen davon war es eine traumhafte
Schneebergtour, die durch den Muskelkater am Tag
danach noch einmal lebhaft in Erinnerung gerufen
wurde.
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