Männer auf Touren

 
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Sonntag 9. September 2012

Schneeberg: Novembergrat
Losenheim - Bürklehütte - Nördlicher Grafensteig - Novembergrat - Damböckhaus - Klosterwappen -
Stadelwandleiten - Märchenwiese - Stadelwandgraben - Weichtalhaus

  Die Tour war eigentlich eine Woche früher geplant gewesen, die wechselhafte Wetterprognose ließ jedoch eine Verschiebung geraten erscheinen. So schlecht wäre das Wetter am 2. September eh nicht gewesen (Igo nutzte den Tag für eine Schneealpen-Überquerung), aber mit dem herrlichen Spätsommerwetter des 9. September konnte es nicht konkurrieren: Sonnenschein von früh bis spät, kaum ein Wölkchen am Himmel, klare Luft und angenehme Wandertemperaturen.

Den Anfang - um halbwegs chronologisch zu berichten - machten Alfred und Martin, die beschlossen hatten, die Tour zweitägig anzulegen und am Schneeberg zu übernachten. Sie gingen am Samstag den 8. September um 10:29 von Losenheim (731m) weg und strebten dem Novembergrat zu. Bei der Sitzstatt versäumten sie aber die Abzweigung zum Novembergrat und kamen über den Oberen Herminensteig zum Berghotel, wo Alfred tags zuvor ein Zimmer reserviert hatte, mit Dusche und eigener Loggia. Am nächsten Morgen konnten sie dort den Sonnenaufgang bewundern. Das Abendessen davor und das Frühstückbuffet ließ sie glauben, die Präsidentensuite gebucht zu haben. Der Preis war dann aber auch sehr realistisch.

Ungefähr um die Zeit, als Alfred und Martin den Sonnenaufgang von ihrer Loggia bewunderten, saßen Alois, Christian, Frankie, Gerd, Igo, Jochen, Markus und Oliver im Zug zwischen Wien und Wiener Neustadt und bewunderten den Sonnenaufgang aus dem Zugfenster. Die Novembergrat-Hauptgruppe traf um 08:40 in Losenheim ein. Der Weg auf den Berg hätte einigen noch in Erinnerung sein sollen, trotzdem endete der erste Ansatz beim Zugang zum Sessellift. Mit dem wollte keiner fahren, also auf der Straße rechts der Lifttrasse hoch, dann nach links dem Wegweiser zum Nördlichen Grafensteig folgend. Durch Schlägerungsarbeiten und Planierraupen war der Weg im Mittelteil ziemlich verunstaltet, führte aber trotzdem relativ zweifelsfrei nach Süd und bergauf. Gerd und Igo wurden durch eine Begegnung mit einer Höllenotter im Aufstieg unterbrochen. Mit Tierbeobachtung und Fotoshooting verging einige Zeit. Die anderen zogen unterdessen über den Nördlichen Grafensteig weiter, ohne das Fehlen der zwei zu bemerken. Landschaftlich grandios führt der Nördliche Grafensteig hier durch Breite und Krumme Ries, von markant gezackten Graten und Felswänden umrahmt. Igo und Gerd holten bei der Bürklehütte Erkundigungen über den weiteren Weg ein, die anderen bemerkten erst bei einer Wartepause in der Krummen Ries, dass die Gruppe nicht vollständig war. Zwei Kundschafter begaben sich auf den Weg zurück, brauchten aber nicht weit zu gehen, da kamen ihnen die beiden Vermissten schon entgegen.

Eine Pause war nun fällig und das schöne und aussichtsreiche Plätzchen der Sitzstatt (1376m) war dafür perfekt geeignet. Die je nach Ankunft unterschiedlich lange Rast dauerte bis 10:50. Gerd hatte während der Suche nach dem Rest der Gruppe mehrmals laut durch die Finger gepfiffen, was zwar vielleicht wahrgenommen, aber von niemandem auf sich bezogen worden war. Während der Rast entspann sich eine Diskussion, warum nur wenige Schwule durch die Finger pfeifen können, über die Physik des Pfeifens generell, und ob Tiere pfeifen und wenn ja welche. (Falls das immer noch jemanden interessiert: Wikipedia gibt dazu ein paar Auskünfte.)

Etwa um die Zeit, als die Novembergratgruppe an der Sitzstatt das Pfeifen erörterte, bestiegen Helmut mit Hundedame Emmi, Thomas und Wolfgang in Puchberg die Zahnradbahn mit Abfahrt 11 Uhr. Bei dem schönen Wetter wollten sie auch auf den Berg, aber ohne den beschwerlichen Aufstieg. Ein Treffen mit den anderen war zu Mittag im Damböckhaus anvisiert. Ohne rechtzeitige Reservierung hätte es keine Chance auf einen Platz gegeben, obwohl die Salamander-Züge mit ein paar Minuten Abstand doppelt geführt wurden. Thomas hatte Donnerstag früh gerade noch den letzten Platz für die 11-Uhr-Fahrt ergattert.

So mühelos wie die Fahrt mit der Zahnradbahn war der Aufstieg über den Novembergrat zwar nicht, aber auf jeden Fall lohnend. Der Weg beginnt gleich hinter der Sitzstatt in Richtung Berg und führt zügig, an manchen Stellen etwas ausgesetzt empor. Der weitere Gratverlauf sieht im Vorhinein oft schwieriger aus als er beim genaueren Hinsehen dann ist. Die optimale Aufstiegsroute ist gut markiert, an vielen Stellen wären Alternativen möglich, aus gutem Grund vermeidet die markierte Route schotteriges Gelände und führt großteils über festen Fels. Der Aufstieg ist spannend, bietet prächtige Aussichten und einigen tat es richtig leid, als schon um 12 Uhr der Ausstieg auf die Hochfläche erreicht war. Von hier ging man noch knapp 15 Minuten zum Damböckhaus (1810m). Oben pfiff ein frischer Wind, der es nötig machte, eine Bekleidungsschicht drüberzuziehen.

Am Schneebergplateau waren an diesem Sonntag schätzungsweise 1000 Menschen unterwegs und ließen den Gedanken aufkeimen, dass die Schneebergbahn trotz des geschmalzenen Preises immer noch zu billig ist. Praktisch durch das ganze Damböckhaus zog sich eine Menschenschlange vor der Essens- und Getränkeausgabe. Markus verzichtete und zog einen Mittagsspaziergang vor, der ihn zum Waxriegel und zum Elisabethkircherl führte. Die anderen nahmen das Schlangestehen auf sich. So um 12:30 bummelten dann die Zahnradbahnfahrer von der Bergstation (1795m) heran und mussten sich auch erst einmal anstellen, was Wolfgang für die anderen übernahm. Das Essen war gut, hervorzuheben sind die bombastischen Schneebergkrapfen, die man am besten zu zweit verzehrt, um die Kalorienbilanz im grünen Bereich zu halten.

Die Zweitagesgruppe bestehend aus Alfred und Martin saß unterdessen vor der Fischerhütte (2049m) und blickten zum Damböckhaus hinunter, ob die Hauptgruppe dort irgendwie zu erkennen sei. (Die Schneebergkrapfen hätte man auf diese Distanz vielleicht erkennen können, nicht aber Gesichter.) Weil ihnen im Wind zu kalt wurde, gingen sie zum Klosterwappen (2076m). Von dort um ca.13:00 weiter Richtung Schöneben und Südlichen Grafensteig. Auch am Weg dorthin konnten sie die Hauptgruppe nicht finden.

Kein Wunder, denn diese brach erst gegen 13:30 vom Damböckhaus zum Klosterwappen auf. Rund um die hässliche Sendeanlage war eine hässliche Baustelle errichtet, abgesehen davon war der Ausblick schön und die Fernsicht gut. Nach einem Gruppenfoto vor dem Gipfelkreuz ging es an den Abstieg ins Höllental. Thomas hatte vorher schon angekündigt, mit der Novembergratgruppe absteigen zu wollen, Helmut und Wolfgang schlossen sich an, sodass die Hauptgruppe nun aus 11 Mann und einem Hund bestand. Das Gewimmel am Klosterwappen wich schlagartig der Bergeinsamkeit, denn außer den Männern auf Touren war hier niemand unterwegs. Auf manchen Karten sind die Wiesen des südlichen Plateauausläufers zwischen Bockgrube und Kolingraben als Schöneben bezeichnet, auf anderen heißt die Gegend Stadelwandleiten und der Kolingraben heißt Kaligraben. Geografisch ist die Erfassung der Gegend also noch nicht ganz ausgereift, zum Gehen ist sie jedenfalls sehr schön und durch den weichen Boden auch bequem. Die gegenüber liegende Rax bietet ein tolles Gebirgspanorama und der tiefe Einschnitt des Höllentals dazwischen erzeugt einen drastischen Eindruck von Höhe. Nach einem kurzen schotterigen Mittelstück führte der Weg durch Latschen und später durch Wald auf teils felsigem, teils erdigen Untergrund zur Kreuzung mit dem Südlichen Grafensteig, die um 15:30 erreicht wurde. Von hier hinunter zur Märchenwiese mit einem kurzen Abstecher zum Gipfel der Stadelwand (1407m), der einen prächtigen Aussichtspunkt bildet.

Alfred und Martin waren unterdessen am oberen Ende des Stadelwandgrabens angelangt und fanden nicht den Weg zum Hochgang und zum Brettschacher Jagdsteig, der als Abstiegsvariante vorgeschlagen war, dafür aber einen herrlichen Waldsteig zum Stadelwandgraben und ersparten sich dadurch den rutschigen Weg durchs Geröll. Unten warteten sie vergeblich auf den Bus um 16:45, der nicht kam. Alfred hielt dann ein Auto mit Wiener Nummer an, deren Insaßen so liebenswürdig waren, sie bis Wien mitzunehmen. (Erklärend sei angefügt, dass der Bus um 16:45 ein Phantom war, das der Terminverschiebung entstammte. Er fährt nämlich nur am 2. September.)

Die Hauptgruppe wandelte mit einer Stunde Abstand auf den Spuren von Alfred und Martin. So wie diese fanden sie den Weg zum Hochgang nicht bzw. suchten auch gar nicht danach, denn das Gelände sah unübersichtlich aus und es war in Hinblick auf den letzten Bus um 17:45 schon zu spät für Experimente. Anders als die Vorgänger bevorzugten die meisten aber die Schotterabfahrt durch den oberen Stadelwandgraben, die Erinnerungen ans Tiefschneefahren im Winter weckte. Am Ende der Schotterpiste wurden die Schuhe ausgeschüttelt und es gab eine letzte längere Pause, um die Gruppe zu sammeln. Emmi hatte Muskelzittern vor Erschöpfung und die Wanderer wirkten auch nicht mehr alle taufrisch. Die letzten zwei Kilometer zur Bundesstraße und zur Bushaltestelle Weichtalhaus (542m) wurden in Einzelkämpfermanier bzw. in Kleingruppen zurückgelegt. Für die ersten ging sich noch ein Getränk im Weichtalhaus aus, der letzte kam 5 Minuten vor Busabfahrt angeschnauft, was im Bus und während der anschließenden Zugfahrt nach Wien zu Diskussionen über Gruppensolidarität und Gruppendisziplin führte.

Dass die Tour kein Spaziergang war, ergibt sich aus den Höhendifferenzen. Für die Novembergratgruppe 1345hm Aufstieg, 1535hm Abstieg, Gehzeit ohne Mittagspause aber einschließlich Zwischenstopps 7½h, Nettogehzeit je nach Tempo 6-7h. Aufstieg der Zahnradbahngruppe 280hm, 1535hm Abstieg, Gehzeit einschließlich Zwischenstopps 4½h. Der Umstand, dass die Teilnehmer ein unterschiedliches Gehtempo an den Tag legen und die Unternehmungen der Männer auf Touren weder als Guided Tour noch als Bootcamp durchgeführt werden, wird wohl auch in Zukunft zu Diskussionen über Disziplin und Solidarität führen. Einerseits haben die Teilnehmer Anspruch auf Rücksichtnahme durch die Gruppe, andererseits hat die Gruppe auch Anspruch darauf, dass die Teilnehmer vorher abwägen, ob sie den Anforderungen einer Tour gewachsen sind. Bei dieser Tour hat beides nicht ganz geklappt. Abgesehen davon war es eine traumhafte Schneebergtour, die durch den Muskelkater am Tag danach noch einmal lebhaft in Erinnerung gerufen wurde.


Weitere Tourenberichte und Bilder können über die Chronik aufgerufen werden.

 

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