Männer auf Touren

 
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31. Mai – 1. Juni 2009, Pfingsten

Zwei  „alteste Freundinnen“ am Muckenkogel und fesche Männer am Berg
Rainer und Roland auf Ersatztour

    Frankie hatte sich erlaubt, wegen unsicherer Wetterprognosen die Reisalpen-Wanderung abzusagen. Für mich ein klarer Hinweis, dass zu Pfingsten keinerlei Kondition von mir verlangt würde. Bis Roland mich am Samstag anSMSte um mich zu informieren, dass  er ausgehen würde und ob ich auch käme. 20:00 im Rifugio. Klar! Sonntag ausschlafen! Um genau 20:05 erklärte er mir bei meinem bereits 2. Spritzer, dass ich am Sonntag um 8:30 am Westbahnhof zu sein hätte, um mit ihm eine „ganz leichte, gemütliche“ Tour zu machen. Er hatte schon reserviert. Es wäre  nötig gewesen, denn laut Wirt wurde auf der Traisenhütte eine „Pilgergruppe“ erwartet.

Also frühzeitig den netten Abend beendet und ab zum Rucksack packen.

Pfingstsonntag  31.Mai

Abfahrt knapp vor neun nach Sankt Pölten und weiter mit einem Bummel-Triebwagen nach Lilienfeld (383m). Einziger Höhepunkt war ein dunkler Typ mit leicht brutalen Gesichtszügen, aber laut Roland zu behaart, er müsste sich schon die Brusthaare trimmen. Wir waren aber ohnehin nicht Teil seiner Zielgruppe.

Die Frage an die Fahrdienstleiterin, wo es lang ginge, hätten wir uns sparen können. Sie war nicht „von da“. Eisenbahner sind nie „von da“! Aber sie wusste zumindest den Weg zum Bankomat.
Und um 10:40 stapften wir mit schweren Schuhen und ebenso schweren Rucksäcken los. Kurz bergauf und über den Exingerweg parallel zur Traisen Richtung „Stilles Tal“. Ein eher unhandlicher Weg, der über eine Schlägerung führte und immer wieder kleine Tücken hatte, dafür aber jene Blumenvielfalt aufwies, wie man sie sonst nur an selten gemähten Bahndämmen findet. Dann das Bächlein entlang hinauf zum Glatzwiesensattel. Von dort über den eher steileren Jägersteig, mit zum Teil herrlicher Fernsicht, bis zur Lilienfelder Hütte (956m).Um ¼ 2 Ankunft und gleich einmal Radler, Leberknödelsuppe und Linsen mit Knödel bestellt. Nette dralle junge Wirtin, mit feschem jungen Wirten.

Nachdem ich mich den ganzen Aufstieg mit der Frage gequält hatte, ob die Pilgergruppe entweder in der Gaststube der Traisenhütte oder im dortigen Bettenlager mit Abendgebet und klerikalen Gesängen den geglückten Aufstieg zelebrieren würde, war ich etwas sensibel und plötzliches Glockengeläute warf mich fast um. Roland meinte es käme vom Stift, aber da hätte dieses in der Küche sein müssen. Ich dachte an eine Bergkapelle hinterm Wald oder zumindest eine dramatisch-rustikale Unwetterwarnung. Es war das Handy vom Nachbartisch. Und er erklärte dem Anrufer, dass er sein Foto in der Presse gesehen hätte und „wenn ich schwul wäre, würde ich mich glatt in dich verknallen“. Wir blätterten sofort in der einzigen uns zugänglichen Postille, nämlich der Kronen-Zeitung, aber da fanden wir nur den Schönborn, der zwar zu den Klingeltönen gepasst hätte, nicht aber zu obiger Bemerkung. Wieder was versäumt.

Frustriert von unbefriedigter Neugierde, machten wir uns knapp vor 2h auf den Weiterweg, vorbei an der Bergrettungshütte über eine schöne Almwiese (Lilienfelder Gschwendt) mit vom Wind bizarr zerzausten Bäumen Richtung Muckenkogel. Im Westen herrliches Bergpanorama mit verschneiten Gipfeln. Eine junge Wanderin erklärte uns einige und zog forschen Schrittes weiter. Wir trotteten etwas mühseliger hinterher, erklommen aber dafür den Muckenkogel (1248m). Was von der Ferne aussah wie eine überdrüber Aussichtswarte mit Panoramarestaurant, entpuppte sich als schlichte Richtfunkstation der Post „Betreten verboten“. War auch außer uns kein Schwein  da. Allerdings ist dort auch der Klösterpunkt, von dem aus man bei klarer Sicht Melk, Göttweig, und Herzogenburg sehen kann. Lilienfeld ist vom Berg verdeckt und dass man den Stephansdom sieht, kann ich nicht glauben. Aber wir orteten Melk, und St. Pölten. Göttweig konnten wir nur erahnen.

Danach ein Stück bergab und schließlich über den Gratweg  zur Traisnerhütte (1313m). Mittlerweile 8° und 80% Luftfeuchtigkeit, einige Tropfen auf den letzten Metern, aber trotzdem tolle Fernsicht vom Schneeberg über die Veitsch bis zum Ötscher. Schon um ¼ 4h lautes Johlen und Quietschen aus der Stube. Vermutlich die Pilgergruppe. Nein doch nicht! Es waren 2 Geburtstagsfeiern. Peter der Wirt meinte „huckts eich wo zuwe und gebts a Ruah“, notierte unsere Ankunft und nahm unsere Bestellung für 2 Häferlkaffee (sehr gut) entgegen. Ein Mann  hatte seinen dingsundvierzigsten am Vortag, aber Hildegard genau am Pfingstsonntag ihren dingsundfünfzigsten und war daher laut Hüttenwirt ein „punktgenaues Mädel“. Mädchenhaft war sie nicht mehr, aber schon etwas rotwangig wie alle anderen auch und voll in Fahrt. Auch wie die anderen. Dazu gab es Akkordeonmusik ergänzt durch eine Teufelsgeige (Tamburin und Kuhglocke auf einem Stock) und den lauten Gesang der Gäste. Raucher müssten in den Vorraum und konnten sich dafür dort unterhalten, weil es leiser war. Die Wanderin, welche uns am Weg das Panorama erklärte hieß Karin, war einige Zeit Air-Hostess bei Lauda, hat Sport und Mathematik studiert und ist jetzt glücklich (sagte sie) in Lilienfeld als Lehrerin gelandet.

Wir machten noch einen fast einstündigen biologischen Erkundungsgang über Hinteralm und Steinleiten Richtung Reisalpe, während noch Läufer und knackige Mountain-Biker in farbenfrohen engen Dressen, alle dem Alkohol nicht abgeneigt, die Hütte weiter füllten. Der Großteil war aus Lilienfeld, einige aus Kilb, Mank und Melk und eine kam aus Kautzen im Waldviertel. „Kautzen? Wo ist das?“ „ganz obn“ „bei Gmünd?“ „Na! Ganz obn“ „Wo ist obn?“ „Na an da Grenz“ „Gmünd is a an da Grenz“……….

Peter lud uns auf ein Schnapserl ein und Roland revanchierte sich mit „Zapferln“ (Zirbenschnaps im Portionsfläschchen) und so gegen ½ 7 begannen die ersten mit dem Aufbruch. Die Radler etwas später, denn „in 10 Minuten samma untn!“. Hildegard wollte unbedingt meine Wanderstöcke, weil sie ihre nicht fand. Ich wäre mit dem Tausch vermutlich gar nicht so schlecht gefahren. Ein junger weiblicher Gast gab sich auf der Terrasse einem Frischluftschock mit Relingkotzen hin und ließ sich dann im Auto talwärts fahren.

Über die Nacht blieben nur ein Ehepaar und wir. Von der Pilgergruppe war weit und breit nichts zu sehen. Vermutlich ein Wunschdenken von Peter. Vielleicht hätte er gerne hin und wieder (aber nicht zu oft)  klerikales Ambiente, wo er doch während des Abends einmal meinte: „der, der über euch wohnt, wird euch beschützen“.

Nach Kaspreßknödel-Suppe und Wurstknödel verzogen wir uns in unser 5-Betten-Gemach.

Pfingstmontag  1. Juni

In der Nacht gab es starken Regen, der Morgen war mit 5° etwas frisch und der Nebel nahm jede Sicht. Frühstück (wieder der gute Kaffee mit Brot, Wurst, Käse, Margarine und Marmelade) gemeinsam mit dem Ehepaar, das über die Reisalpe nach Lilienfeld gehen wollte. Er hatte am Vorabend eine Jacke vermisst. Der Wirt von der Lilienfelder Hütte kam mit einem zerschundenen und verdreckten Radler im Schlepptau und brachte das fehlende Stück und den noch immer etwas schrägen Biker danach nach Lilienfeld zu dessen Bruder, der ihn, wie wir später erfuhren, gleich ins Krankenhaus weiterfuhr. Die zehnminütige Talfahrt dauerte für einige doch etwas länger! Vermutlich haben nicht alle einen „der über ihnen wohnt“.

Abmarsch um 9 ‚Uhr. Eigentlich wollten wir über die Wiese gehen, doch Peter meinte wir wären dann nach 5 Minuten nass bis zu den Knien und der Gratweg wäre besser. Gerade den hatten wir am Vortag als ungeeignet für den Abstieg betrachtet, wollten uns aber keine Blöße geben. Doch war er halb so schlimm, als wir befürchtet hatten. Unterwegs graziles Tänzeln zwischen Kuhfladen und schließlich mitten in der Wiese das Fahrrad des gestürzten Radfahrers, der sich in der Nacht zur Lilienfelder Hütte geschleppt und die Wirtsleute aus dem Schlaf gerissen hatte. Roland erbarmte sich und schob das kampferprobte Gerät über die Alm zur Hütte.

Unterhalb der Lilienfelder Hütte ging es wieder über Wiesen mit dem aussagekräftigen Namen „Suttn“, denn  ehe wir  in den Waldsteig zum Großen (oder „Lindenbrunner“) Wasserfall einbogen, mussten wir eine riesige aufgeweichte und Kuhfladen getränkte Senke durchqueren. Schmatz! Der Wasserfall hat sich trotzdem gelohnt. Zwar kein Vergleich zu Krimml, aber die umher liegenden Baumstämme zeugten von der Kraft, die der kleine Bach entwickeln kann. Und der steile Serpentinenweg war hervorragend gesichert.

Durch den Fallgraben schließlich auf die Straße, wo ein entgegenkommendes Auto kurz hielt. Es waren zwei Gäste vom Vorabend. Nach kurzem Schwatz weiter an den Forellenteichen, von denen ein Schwarzstorch hochstieg, vorbei nach Lilienfeld, wo wir um ¼ 12 landeten.

Die von Roland ersehnte Kulturglasur in Form einer Stiftsführung war erst um 14:00, also ab in den „Gasthof zum Schützen“ gleich neben dem Bahnhof. Von aussen eher nichts sagend, erwies sich der Laden als beliebtes Restaurant, mit netter Bedienung und ausgezeichnetem Essen. Radler, Frittattensuppe, Leberknödelsuppe (eh klar!) Jägergulasch und Surschnitzel. Das Lokal ist eine Einkehr wert.

Dann zurück zum Stift. Die schweren Rucksäcke durften wir bei der Kassa lassen und konnten somit all unsere Energien in die Erweiterung unseres Wissens investieren. Etwa die Unterschiede zwischen Benediktinern, Zisterziensern und Trappisten, oder dass Josef II. fast alles was mehr als ein Kruzifix hatte schließen ließ und so weiter.

Vor Abfahrt ging sich noch ein Bummel durch den Ort und eine Eis beim „Felbermayr“ aus. Irgendwas chices mit Baiser für Roland und drei schlichte, bunte Kugeln für mich.
Abfahrt knapp vor 16:00 nach Sankt Pölten, wo gleich gegenüber ein verspäteter Zug abfahrtbereit war. Allerdings randvoll. Da wir noch Upgrade-Gutscheine der ÖBB hatten, quetschten wir uns vom letzten zum ersten Wagon durch die Menge und genossen etwa ab Böheimkirchen breite Ledersitze und große Beinfreiheit. Danke liebe Bahn!

Knapp nach ¼ 6 waren wir etwas müde in Hütteldorf. Rund 5 ½ Stunden in zwei Tagen ist nicht unbedingt Extremsport. Aber 930m Höhendifferenz sind auch kein Einkaufsbummel.

Rainer


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