Samstag
7.Juli
Treffen am Westbahnhof am Samstag
7.Juli um 9:15. Eine lange Schlange vor den
Kassen erlaubt es nicht, weiter zuzuwarten. Da
das Einfach-Raus-Ticket für den IC nicht gilt,
macht das für den einen Spätling nicht viel
aus. Er zahlt im Zug nur knapp 2.- mehr
als die anderen Teilnehmer.
Abfahrt 9:34 und wir finden auch
Sitzplätze beieinander. In St.Pölten
problemloses Umsteigen in die Mariazellerbahn.
Einige stoßen erst hier zu uns. Wir sind 13 und
die Teilnehmer kommen nicht nur aus Wien sondern
auch aus der Schweiz, Tirol und Salzburg!
Weiterfahrt mit einer
Triebwagengarnitur, was einer der
Eisenbahnfreunde unter uns sehr bedauert; er
hätte es gerne nostalgischer gehabt. Der Reiz
der Fahrt durch die schöne Landschaft wird bloß
durch das dauernde Signalgeben an den vielen
Bahnübergängen geschmälert. Der Lokführer hat
einige Varianten von Pfeiftönen auf Lager, die
schrill durch die offenen Fenster herein
dröhnen. In Gösing liegt das Alpenhotel direkt
an der Bahn und mein Hinweis, dass Bekannte sich
früher dort gerne für ein Wöcherl einfanden um
die angebotene Darmspülung (ich weiß nicht ob
es die noch gibt) in Anspruch zu nehmen, wurde
grinsend, aber ohne weitere Kommentare zur
Kenntnis genommen.
Ankunft um 12:31 in
Wienerbruck-Josefsberg (796 m Seehöhe) und los
gehts! Eintrittskarte für den
Naturpark-Ötscher-Tormäuer lösen ( 2.-)
und weiter vorbei am Lassingfall zum Kraftwerk
beim Stierwaschboden. Beim kurzen Fotostopp für
die Gruppenaufnahme wechselt Frankie in kurze
Hosen; die Jeans wurden bereits mehrfach
bemängelt. Jetzt kann die Tour erst richtig
beginnen.
Hinein in die Ötschergräben!
Bei herrlichem Sonnenschein über den schmalen
Schluchtweg den Ötscherbach entlang zum
Ötscherhias, einer bereits dicht bevölkerten
Jausenstation mit Selbstbedienung. Die meisten
von uns stellen sich an, aber als die Bedienung
von der Küchen-Luke verschwindet, um mit einer
Portion Schnitzel durch die Reihen zu gehen und
den Besteller sucht, geben wir auf und ziehen
weiter. Beim Mirafall legen wir unsere erste
richtige Rast ein. Es bleibt auch die einzige,
denn alle folgenden Stopps sind eher als
Verschnaufpausen zu verstehen. Hier ist es
schattig und ruhig.
Kurz danach ist der Eingang zum
Moissengraben erreicht und die Gruppe teilt sich.
Sechs Hard-Core-Wanderer ziehen über das
"Jägerherz" hinauf zum "Rauhen
Kamm" (Schwindelfreiheit und Trittsicherheit
verlangt) um den Ötscher hochalpin zu bezwingen.
Wir sieben Softies bleiben noch
in den Ötschergräben, die wir erst nach dem
Schleierfall verlassen. Dann geht es über einen
morastigen Weg, der eher an einen Wildwechsel
erinnert, aufwärts zur Forststrasse. Nicht ohne
besorgte Bemerkungen ob die High-Heels und die
Riemchen der Belastung standhalten werden. Nach
ca. 2 km auf der Schotterstrasse ziehen beim
"Spielbichler" auch wir endgültig
bergwärts. Vorerst durch einen dunklen, feuchten
Buchenwald, in dem immer wieder umgefallene
Bäume den Weg versperren, und schließlich über
eine steile Wiese zum "Riffel-Sattel".
Der restliche Weg zum Ötscherhaus (1418 m) ist
so hässlich wie es nur eine breite Skipiste im
Sommer sein kann. Und steil auch noch. Aber um
ca. ¼ 7 sind wir da. Nach fast 6 Stunden Marsch
und einer Höhendifferenz von 622 Metern haben
zumindest wir sieben unser Tagesziel erreicht.
Die Bettenvergabe gestaltet sich
etwas schwierig, weil der Wirt offensichtlich
nichts notiert, sondern alles auswendig einteilt.
4 gehen in 2 Zweibettzimmer und "die drei
gibst ins Ochta und zeigsts eana
glei". Das Mädel geht mit uns ins
Achtbettzimmer, aber es fehlen ja noch 6 von
unserer Gruppe. Das ist aber einfach, denn sie
macht eine Tür auf: "do san eh no zwa
Beittn". Alles klar! Wir sind neun und haben
zehn Betten. Mutmaßungen, wer sich ins Separee
verziehen wird, scheinen verfrüht.
Säubern, Hemden und Wäsche
wechseln und hinunter in die gute Stube. Laute
Harmonikamusik empfängt uns! Wiener Lieder,
"Steirischer Brauch" und alles aus
dieser Ecke, was man auf einer Knöpferlharmonika
spielen kann. Denn eine Tafel lädt von 7.-15.
Juli zum "2. STEIRR. ZIACH-KURS". Ja
!Richtig gelesen : STEIRRISCH". Das spielt
sich so ab, dass einer mit keckem Hütchen und
leicht gerötetem Gesicht die Harmonika
bearbeitet und zwei Frauen (sichtlich
Kursteilnehmerinnen) die Texte, die sie aus den
offensichtlich bereitgestellten Liederbüchern
ablesen, dazu schmettern.
Solch zünftiges Treiben
erfordert Zünftiges am Tisch. Große Radler für
den ersten Durst und Kaspressknödelsuppe für
den Hunger. Und die ist wirklich gut! Das kann
man von den Berner Würstln nicht behaupten, wohl
aber vom Kaiserschmarren. Auf die Frage ob beim
Schmarren Kompott dabei sei, meint die Chefin,
sie glaubt sie hätten keines und als einer sagt,
er hätte was Rotes auf einigen Tellern gesehen
erklärt sie: "ah dann hamma scho ans"!
Die sechs Bezwinger des
"Rauhen Kammes" sind um ¼ 9 noch immer
nicht da und wir beraten, ab wann wir die
Bergrettung verständigen sollen, was sich aber
kurz danach erübrigt. Sie trudeln ein.
Sie waren auf steilen Wegen
durch die Bergwälder bis zum nordöstlichen
Ende des Kamms emporgestiegen, vorbei an
Höhlen, aus denen Eiseskälte strömte,
während die Felslandschaft des Kamms immer
näher rückte, immer unbezwingbarer aussah
und dem einen oder anderen ein mulmiges
Gefühl bereitete. Jedoch, aus allernächster
Nähe betrachtet erwies sich der Weg über
den Rauhen Kamm als mühsam, da man oft alle
Viere brauchte, aber undramatisch. Der kühle
Wind sorgte genau für die richtige
Abkühlung und der Salzburger, für den
richtige Berge erst bei 2000 m beginnen, für
coole Stimmung. So erreichte die Gruppe den
Gipfel auf 1893 m Höhe mit prachtvoller
Aussicht auf alle nahen und fernen Berge im
Schein der Abendsonne. Der Weg hinab zum
Ötscher Schutzhaus war quälend steil und
steinig. Langsam erreichten die Wünsche nach
einem Bier und einem warmen Essen das Niveau,
bei dem Halluzinationen beginnen. Die Ankunft
im Schutzhaus hätte keine Minute später
erfolgen dürfen, jedoch kostete es die
Neuankömmlinge noch eine Menge Geduld, ehe
sie sich mit den logistischen Problemen der
Hüttenverwaltung mit der Ausgabe von Nahrung
und Quartier zurechtgefunden hatten.
So gegen 23 h verlassen wir das
lustige Treiben in der Gaststube und verziehen
uns in die Zimmer. Begleitet vom mehrstimmigen
"ein Posit, ein Prohosit der
Gemüüüüüüüütlichkeitt".
Nicht alle schlafen tief und fest
und mindestens drei bemerken, dass plötzlich in
der Nacht jemand in der offenen Tür steht und
offensichtlich ratlos ist. Vielleicht war er
neugierig was wir so treiben oder hatte
Hormonstau.
Gegen 2 Uhr früh ist auch das
muntere Treiben beim Harmonika-Kurs zu Ende.
Sonntag 8.Juli
Frühstück gibt es ab ½ 8.
Kaffee, Tee, Brot, Gebäck, Schinken, Käse,
Butter und Marmelade und man kann sich alles
selbst nehmen.
Um ¾ 9 Abmarsch. Ein Teilnehmer
muss sich leider verabschieden. Er hat eine
massive Augenentzündung und fährt mit dem
Sessellift nach Lackenhof und gleich weiter nach
Wien um sich behandeln zu lassen.
Wir 12 marschieren zurück zum
"Riffel-Sattel" und weiter durch die
"Dirndlmäuer" und über den
"Molterboden" (kurze Jausenrast) und
die "Feldwies-Alm" (begehrliche Blicke
zu den Gästetischen werden ignoriert, wir
müssen ja noch einen Zug erreichen) zum
"Eisernen Herrgott"(1477 m). Während
Robert davonzieht, weil er heute noch nach Zell
am See kommen will, stapfen die restlichen 11
nach der zweiten kurzen Jausenrast die letzten
150 m hoch auf die Gemeindealpe, mit 1626 m unser
(zweit)höchster Punkt.
Der Fleischlaberlbrater vom
Terzerhaus zieht im Freien seine Show ab und
macht aus jeder fertigen Portion sein
Privathappening. Die Stimmung ist gut! Das Essen
auch!
Hier verabschieden sich wieder
zwei. Sie nehmen den Sessellift nach Mitterbach.
Fünf Wackere gehen zu Fuß bis zur
Mittelstation, die Kalorien vom Mittagessen
wollen verbraucht werden. Der Rest meistert diese
Etappe mit dem Lift. Von dort ziehen wir auf
"Monster-Rollern rasant ins Tal"
so der Werbespruch im Internet. Die Dinger sind
handlich und kriegen ein ordentliches Tempo. Von
den Jungen bleibt abwechselnd immer einer bei den
beiden Oldies um sie im Notfall aufzuklauben. Das
ist aber nicht nötig. Danke trotzdem!
Von Mitterbach weiter zum
Erlaufsee. Fritz trifft eine Spontanentscheidung
und schafft es mit einer Art Vergnügungsbahn zur
Museumsbahn, aus der er uns dann huldig zuwinkt;
wir erreichen sie leider nicht und müssen bis
zum Bahnhof Mariazell gehen. Wasser nachfüllen:
Mariazeller Wasser aus der Bahnhofstoilette;
daher nicht geweiht.
Es ist ½ 5 und wir sind etwa 6
½ - 7 Stunden marschiert.
Abfahrt um 16.47 , der Zug hat
den klingenden Namen "Ötscherbär" und
ist eine alte Garnitur, was die Bahnfreunde
glücklich macht. Außerdem gibt es den
"Pielachtaler Schmankerl-Express", ein
Wagen in dem sich 6 Bauern in der Bewirtung
abwechseln und heute gibt es Schafskäse aus
Loich, von dem einige gleich zwei Rollen kaufen.
Das Vergnügen verstärkt noch ein mehr als
angeheiterter pensionierter Lokführer, der
Mitglied des Mariazeller Museumsbahn-Vereines ist
und erzählt, dass sie bei einer Lok einen
Dieselriss haben und auf jeden umgestürzten Baum
und ein Hirschgehege hinweist. "Und da ist
der Neuburger-Peter abgestürzt , gelobt sei
Jesus Christus" + Kreuzzeichen.
Ab St.Pölten sitzen wir bis Wien
im Fahrradwaggon.
Alle sind müde, aber glücklich
dabei gewesen zu sein.
Rainer
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