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Ob es der Gewittervorhersage
für das niederösterreichische Bergland oder der
vortäglichen Regenbogenparade mit diversen
Anschlusspartys zuzuschreiben war, dass nur acht
Männer auf Touren um 8 Uhr früh die Anreise von
Meidling antraten, wird ungeklärt bleiben. Die
acht waren Alois, Frankie, Friedrich, Gert, Igo,
Peter, Roland und Ronny. Bei der Anfahrt auf
Puchberg blickten wir nicht ohne Sorge auf die
Wolkenhaube, die sich über dem Schneeberg
gebildet hatte. Abmarsch vom Puchberger Bahnhof
(585m) um halb zehn. Den Weg Richtung
Schneidergraben über das Schneebergdörfl
bewältigen wir ohne viel Zögern und ohne
Verirrung, den langsam näherrückenden
Schneeberg vor Augen. Er gab auch einen schönen
Hintergrund für ein Gruppenfoto ab, das Igo mit
Selbstauslöser machte und das Peter mit der
Bemerkung quittierte, man werde wohl später als
Bildunterschrift dazuschreiben: "Da ging es
ihnen noch gut."
Die nächste Hürde, eine Höllenotter am
Wegesrand, passierten wir unbeschadet. Die
Schlange wandte den alten Trick mit dem
hypnotisierenden Blick an (der Igo sogar aufs
Fotografieren vergessen ließ, obwohl er die
Kamera in der Hand hielt) und vertschüsste sich
ins Unterholz.
Nun hatten wir den Fuß des Schneebergs
erreicht und es ging bergauf in den Unteren
Schneidergraben. Das sich anfangs fast wegartig
durchs Gebüsch schlängelnde Schotterband
weitete sich auf Autobahnbreite, bloß eben steil
bergauf und von rutschiger Beschaffenheit. Nun
waren wir recht froh über die Wolkenbeschattung,
denn bei praller Sonne wäre der Aufstieg noch um
vieles schweißtreibender gewesen. Außer einem
jungen Mann, der sich schottersurfend bergab
bewegte und einige Bewunderung auf sich zog,
begegnete uns niemand. Etwa um 12 Uhr erreichten
wir die Kreuzung mit dem Nördlichen Grafensteig
(1337m) und hielten eine kurze Mittagsrast. Bis
jetzt lagen wir gut im Zeitplan.
Nun ging es eine Viertelstunde am Nördlichen
Grafensteig entlang bis zu einem markanten
Felsspitz, von dem eine "inoffizielle",
allerdings mit roten Farbpunkten reichlich
markierte Abkürzung zum Oberen Herminensteig
führte. Der Weg verlief annähernd am Grat, was
einerseits immer wieder spektakuläre Ausblicke
mit sich brachte, andererseits das Weiterkommen
durch die schroffen Felsformationen schon etwas
mühsam machte.
Nach der Begegnung mit dem
"offiziellen" Herminensteig änderte
sich an der Wegbeschaffenheit nicht viel. Der
Herminensteig ist als leichter Klettersteig
klassifiziert, und das heißt eben auch Klettern.
Jedoch gab es nie ausgesetzte Stellen und eine
schwierige Passage war dankenswerterweise mit
einem Stahlseil zum Festhalten versehen. Der Weg
war ebenso spannend wie beschwerlich und bot in
jedem Fall eindrucksvolle Aussichten auf den
Schneeberg selbst und die umgebenden Berge. Mit
dem Größenberg und dem Höhenzug der Dürren
Wand kamen auch gleich ein paar künftige
Tourenziele ins Blickfeld. Zur anderen Seite hin
tauchten jenseits eines Grabens das Berghotel und
das Elisabethkirchlein auf, die allerdings heute
nicht unser Ziel waren.
Die während des Aufstiegs außer Sicht- und
Hörweite geratenen Tempofraktionen sammelten
sich am oberen Ende des Herminesteigs (1870m)
wieder zusammen. Der kurze Weg zum Damböckhaus
(1810m) bot einen schönen Blick auf die
Schneeberghochfläche und viele Wiesen mit
Alpenblumen, die von allen bewundert wurden. Das
Wetter behielt den Mix aus Sonne und Wolken bei.
Trotz der recht angenehmen Temperaturen
entschied sich die Mehrheit für den Aufenthalt
in der Gaststube. Nach dem langen Aufstieg hatten
wir nun eine Stärkung verdient. Am häufigsten
wurde bei Schnitzel und Wildgulasch zugelangt.
Bei interessanten Gesprächsthemen (z.B.
kulinarische Berghüttenvergleiche, Nightcruisen
beim Ölhafen, korrekte Benennung von
Traggeschirren und vieles mehr) sowie der für
viele obligatorischen Nachspeise verging die Zeit
sehr rasch, bis wir erschrocken feststellten,
dass wir dem Zeitplan weit hinterherhinkten. Der
nette polnische Kellner streifte tüchtig
Trinkgeld von unserer Runde ein, ehe wir um halb
fünf aufbrachen und gerade noch drei Stunden
Zeit hatten, um bis zum letzten Zug um 19:38
zurück nach Puchberg zu kommen.
Die Route führte kurz entlang des
Breitwanderwegs Richtung Bergstation und zweigte
dann rechts zum Emmisteig ab. Anfangs noch
idyllisch und sanft zwischen Almwiesen
absteigend, wandelte sich der Steig zum steilen
Knieschinder zwischen Latschen und bizarren
Felstürmen und die Gruppe zerfiel aufgrund
unterschiedlichen Tempos beträchtlich. Oberhalb
des Krummbachsattels auf der Höhe des Südlichen
Grafensteigs (1430m) angelangt, erschien es
manchen schon fraglich, ob sich der Zug ausgehen
würde. Roland stieg bei der Haltestelle
Baumgartner sicherheitshalber in die Zahnradbahn
um, der Rest legte in verschiedenen
Tempofraktionen einen Eilmarsch am Bahnweg hin.
Die Ersten erreichten Puchberg um 19 Uhr, die
Letzten eine halbe Stunde später, aber immer
noch rechtzeitig. Wir waren nun seit 10 Stunden
(Pausen eingeschlossen) per pedes unterwegs,
waren 1285 Höhenmeter auf- und wieder
abgestiegen und hatten den Schneeberg von Nord
nach Süd überquert, zwar nicht an der höchsten
Stelle, aber auch nicht auf den einfachsten
Wegen.
Die Wünsche, den Zug zu entführen und zur
direkten Fahrt zu einer Wunschadresse in Wien zu
zwingen, scheiterten an brauchbaren Waffen und am
Willen zur Durchsetzung. Jedoch hatten wir in
Wiener Neustadt das Glück, bei fünf Minuten
Umsteigezeit und einem Lauf (!) zwischen den
entferntesten Bahnsteigen, die der Wiener
Neustädter Bahnhof Sportlern zu bieten hat,
einen sehr exklusiven REX nach Wien zu erwischen,
der wie ein IC nonstop bis Meidlung durchbrause
und uns um 21:05 dort absetzte. Die Gruppe hat
alle Wagnisse und Schwierigkeiten intakt und
komplett überstanden, und Bergwelt und Wetter
haben sich wieder einmal von ihrer besten Seite
gezeigt.
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