Männer auf Touren

 
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Sonntag 3. Juli 2016

Hohe Schrott
Langwies - Brombergalm - Petergupf - Bannkogel - Bergwerkkogel - Mittagkogel - Hohe Schrott - Hochglegt - Kothalm - Bad Ischl

 
 

Für die meisten Männer auf Touren gab es wahrscheinlich zehn Günde, nicht auf die Hohe Schrott zu gehen (das frühe Aufstehen, das späte Heimkommen, das Wetter, der schrottige Name, die lange Bahnfahrt, die Fahrtkosten, die Gehzeit, die Höhenmeter, die Schwierigkeiten, und überhaupt), aber es gab auch zwei Gründe, es doch zu tun, nämlich dass es am Programm stand und dass Igo schon Wochen davor ein supergünstiges, nicht stornierbares ÖBB-Fan-Ticket für die Fahrt an diesem Tag gekauft hatte. So kam es, dass Frankie und Igo die einzigen waren, die sich im IC Richtung Innsbruck einfanden. Auch in Linz erfolgte kein Zuwachs. In Attnang-Puchheim hieß es Umsteigen in den Regionalzug. Ab Gmunden gab es schöne Ausblicke auf Traunsee und Berge, die Wandervorfreude aufkommen ließen.

Bei der Ankunft in Langwies (446m) um 10:08 war es bedeckt, aber trocken. Von der Hohen Schrott sah man die markant in horizontale Felsschichten gegliederte Steilflanke. Alle Berggipfel oberhalb etwa 1500m waren in Wolken gehüllt, aber es bestand Hoffnung, dass es im Lauf des Tages auflockern würde. Die für Anfang Juli unterdurchschnittliche Temperatur stellte sich schon nach ein paar hundert Metern als Vorteil heraus, denn der Weg von Langwies auf die Brombergalm zog sich mit ununterbrochener kräftiger Steigung empor. In den Blättern hingen die Tropfen vom Regen der vergangenen Nacht, zahlreiche Weinbergschnecken kreuzten den Weg und einmal stieß eine Gämse einen heiseren Pfiff aus und suchte das Weite. So etwa jede halbe Stunde gab es ein Rastbankerl, zumeist aussichtslos mitten im Wald, errichtet von Schwaiger Gottfried "Putz'n Friedl". Beim dritten Bankerl wurde dieses Angebot angenommen und es gab eine Viertelstunde Rast, um sich für den Weiteraufstieg zu stärken.

Um 12:30 wurde der Grat des Loskogel erreicht, mit Blick auf den Traunsee, und 20 Minuten später die Brombergalm (1430m). Ein idyllischer Anblick mit Almwiesen, auf denen Kühe weideten. Die beiden Wanderer strebten dem Brunnentrog zu, um sich zu erfrischen und hatten ihn soeben erreicht, als sich die 300 Meter entfernte Kuhherde plötzlich in Bewegung setzte und auf sie zustürmte. Ob sie die Eindringlinge von ihrer Wasserstelle vertreiben oder nur spielen wollten, hätte vielleicht ein Weideviehexperte beurteilen können. Nachdem ein solcher nicht zugegen war, warteten Frankie und Igo den Ausgang der Begegnung nicht ab, sondern flüchteten den Hang hinauf. Dorthin verfolgten die Kühe sie nicht, sie umkreisten den Brunnentrog. Um ihnen aus dem Weg zu gehen, schlugen die Wanderer sich querfeldein über Geröll und durch Latschen zum Sattel zwischen Loskogel und Petergupf durch.

Am Petergupf (1646m, 13:30) gab es Gipfelkreuz, Rastbank sowie einen schönen Ausblick auf den Traunsee und den Traunstein. Über den Kamm der Hohen Schrott zogen Nebelschwaden. Wenn sie sich lichteten, prästentierte sich in Gehrichtung der imposante Speikkogel mit dem gewaltigen Kessel unterhalb, aus dem man Wasser rauschen hörte. Nach 20 Minuten Pause und Eintrag ins Gipfelbuch ging es weiter dem teils schmalen Grat folgend zum Bannkogel (1656m). Bis hierher bot der Weg keine Schwierigkeiten. Die spektakulärste Etappe gab es vor dem Bergwerkskogel (1689m), zunächst mit einem Band unter überhängenden Felsen, dann mit einer Kletterpassage, die eine Herausforderung darstellte, auch wenn sie mit Stahlbügeln, Stiften und Seilen gut versichert war. Im weiteren Verlauf gab es immer wieder kleinere Kletterstellen, die problemlos zu bewältigen waren. Das landschaftlich vielleicht faszinierendste Stück war die Passage des Mittagkogels (1790m). Die grasbewachsenen Felsterrassen weckten Assoziationen zu Pyramidenbauten in einer Fantasy-Landschaft. Die hochliegende Bewölkung war nach wie vor geschlossen, aber die Gipfel waren großteils schon frei, daher gab es Ausblick auf eine weite Berglandschaft bis zum Dachstein.

Nun ging es relativ bequem auf den Gipfel der Hohen Schrott (1839m) zu, der um 16 Uhr erreicht wurde. Nach fast sechs Stunden unterwegs war eine längere Pause fällig, die mit einer ordentlichen Gipfeljause und Rasten verbracht wurde. Igo versuchte ein Gipfelfoto mit Selbstauslöser hinzukriegen, was aber nicht so einfach war, da es an Aufstellmöglichkeiten in geeigneter Höhe mangelte. Dann kam flotten Schrittes ein Wanderer oder Bergläufer angekeucht - die erste Begegnung mit einem Menschen seit dem Verlassen des Zugs. Es gab eine kurze Unterhaltung über die Aussicht, die Bergnamen, den Klimawandel, dann knipste er ein Foto mit Igos Kamera und trabte wieder talwärts, da er in einer Stunde wieder im Stall sein musste. Inzwischen kam die Sonne heraus. Kalt war es nie, lediglich beim längeren Sitzen wurde es nötig, eine Jacke anzuziehen.

Für den Abstieg nach Bad Ischl gab es zwei Möglichkeiten, wobei die Variante über Hochglegt und Kothalm mit 2½ Stunden angeschrieben war, die andere mit 3 Stunden. Bevorzugt wurde die Hochglegt-Variante, auch wenn das noch einen kurzen Anstieg auf den sechsten und letzten Gipfel (1784m) bedeutete. Als Bonus gab es einen schönen Blick auf die Hohe Schrott und den gesamten Kammverlauf. Die an diesem Tag zurückgelegte Strecke sah recht beträchtlich aus.

Bei der Kothalm gab es wieder Kühe, diesmal aber einen Menschen bei der Hütte, nämlich einen älteren Mann, den Igo sicherheitshalber fragte, ob seine Kühe friedlich seien. Das bejahte er. Im Gespräch stellte sich heraus, dass er ein Bier anbieten könnte. Dieses Angebot anzunehmen, bedurfte keiner langen Überlegung. So legten Igo und Frankie auf einer Bank neben der idyllischen, mit Holzschindeln gedeckten Kothalm noch eine kleine Pause ein und genossen neben dem Bier, der Aussicht und dem Sonnenschein die Gesellschaft von zwei zutraulichen und neugierigen Ziegen, die die Wanderer und ihre Rucksäcke inspizierten.

Der weitere Abstieg nach Bad Ischl war dann ausgesprochen mühsam. Der Weg war steil und bestand haupsächlich aus grobem Geröll, dazwischen Gatsch und nasse Wurzeln. Alles war rutschig und erforderte Aufmerksamkeit bei jedem Schritt. Zudem verlief der Weg völlig aussichtslos im Wald, der teilweise so düster war, als sei schon die Nacht hereingebrochen. Der Abstieg wurde so zum anstrengendsten Teil der gesamten Tour. Die gute Stunde, die der alte Herr auf der Kothalm als Abstiegszeit genannt hatte, entstammte wohl einer vagen Erinnerung aus Jugendtagen, denn bis zum Ortsrand von Bad Ischl dauerte es zwei Stunden. Nun galt es, den kürzesten Weg zum Bahnhof zu finden. Zwischen dem Ortsteil Rettenbach und dem Bahnhof lagen noch ein Bach, eine Anhöhe, eine Bundesstraße und die Traun. Angeschrieben war nur ein Bad Ischler Rundwanderweg, Hinweise zum Bahnhof gab es nicht. Zwei auf der Straße angesprochene Bad Ischler gaben Auskunft, ganz zweifelsfrei ließen sich ihre Wegbeschreibungen aber nicht nachvollziehen. Wie auch immer, um 20:25 war der Bahnhof erreicht. Bahnhofsrestaurant und Café hatten natürlich geschlossen und für einen Stadtbummel reichte die Zeit nicht mehr.

Um 20:53 fuhr der letzte Zug, mit Umsteigen in Attnang-Puchheim war man um 22:28 in Linz, wo es eine dreiviertelstündige Wartezeit auf den Anschlusszug gab. Der Spar am Bahnhof hatte noch offen und im Park vor dem Bahnhof konnte man mit einer Dose Bier bzw. einer Flasche Limo diese exklusive Tour mit etwas Stadtstreicherflair ausklingen lassen. Ankunft in Wien eine halbe Stunde nach Mitternacht.

Fazit: eine lange, landschaftlich sehr schöne und einsame Tour im Salzkammergut. Streckenlänge etwa 18km, 1600 Höhenmeter, 8½ Stunden Gehzeit.


 

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